Spiti, Himachal Pradesh, Indien, Titel
Reise durch die buddhistische Abgeschiedenheit

Spiti und die Klöster


5. Februar 2021
Indien
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Es ist einer dieser Tage, an denen wir es nicht schaffen. Im einsetzenden Tauwetter überspült ein breiter, eilig ins Tal gierender Wasserlauf die Straße und hält uns zurück. Schroffe Felsen ragen empor. Auf ihren abfallenden Hängen und niedergegangenen Erdrutschen wächst saftig grünes Gras. Wolkenfetzen hängen zwischen den Bergkuppen, die hier und da noch mit Schnee und Eis bedeckt sind. Eine schmale Piste windet sich ins vor uns liegende Spiti Tal.

Ende Mai sind die Wege passierbar, wenn auch nur für ein paar Monate. Der lange Winter im Himalaja, der auch den Nordosten des indischen Bundesstaates Himachal Pradesh beherrscht, neigt sich dem Ende. Mit letzter Kraft krallt er sich ins Gelände. Wir haben ihn gesehen. Auf der Bergstraße zwischen Manali und Leh ist seine Schaffenskraft noch immer deutlich. Meterhoch türmt sich der Schnee am Rohtangpass zu beiden Seiten der Fahrbahn, die in ihrer Breite kaum Gegenverkehr zulässt.

Den ganzen Tag sind wir schon unterwegs, doch die Berge eignen sich nicht für schnelles Reisen. Lediglich sechsundsechzig Kilometer haben wir geschafft und nun versperrt uns die Schneeschmelze den Weg. Der Sog des Wassers ist zu stark, als das wir es wagen würden, einfach hindurch zu waten.

In einer Nische neben der Straße schlagen wir unser Zelt auf. Im abfallenden Gelände ist es die einzige ebene Fläche abseits der Fahrbahn. Die Nacht ist frisch und auch am nächsten Morgen dauert es, bis unsere vor Kälte steifen Glieder in Bewegung kommen. Irgendwann am Vormittag tuckert ein Transporter heran. Auf der holprigen Piste schwankt das Gefährt auf und ab wie ein Schiff auf hoher See.

Per Anhalter im Himalaja
Zelten im Himalaja

Der Fahrer, ein kleiner Typ mit wuscheligem Haar und freundlichem Lächeln, winkt uns auf die Ladefläche und gemeinsam schaukeln wir durch das Tal. Die Piste ist gezeichnet von den harschen Bedingungen des Hochgebirges. Frost und Steinschlag haben den Untergrund geformt und während die Reifen von einem Schlagloch ins nächste hoppeln, hüpfen auch wir auf der Ladefläche ungewollt hin und her.

So geht es von Kilometer zu Kilometer sieben lange Stunde. Die Fahrt ist anstrengend, der Himmel weit, der Blick übers Tal und die schneebedeckten Gipfel der Zanskar-Bergkette verführerisch schön. Hier im Spiti Tal befinden wir uns auf etwa 4.000 Metern Höhe. Einige Meter entfernt gurgelt der gleichnamige Fluss durchs Tal. Noch ist es ein Rinnsal im viel zu breiten Bett, aber wenn die Schmelzwasser aus den weiter oben gelegenen Bergen eintreffen, wird er zu einem mäandernden Strom anschwellen.

Dennoch zählt das Tal zu einem der trockensten Orte im Himalaja. Die umliegenden Sechs- und Siebentausender schirmen den Monsun so geschickt ab, dass sich kaum ein Regentropfen hierher verirrt. Das Spiti Tal ist hoch gelegen, abgeschieden und spärlich besiedelt. Vereinzelte Siedlungen befinden sich in der kargen Gegend. Oft bestehen sie nur aus wenigen Dutzend einfachen Lehm- und Holzhäusern.

Das Spiti Tal ist die historische Grenze zwischen Tibet im Norden und Indien im Süden. Aber auch Ladakh ist nicht weit entfernt. Über alte Handelswege wurde in längst vergangenen Jahrhunderte Salz transportiert und der Buddhismus etabliert. Noch heute sprechen viele der etwa 13.000 Menschen im Tal den tibetischen Dialekt Bothi.

Straße im Spiti Tal, Indien
holprige Pisten führen durch die Täler des Himalajas
drei Menschen, Spiti, Indien

Kaza und die Ki Gompa

Das Leben im Spiti Tal ist stark geprägt von buddhistischen Traditionen. Hier hängen jahrhundertealte Klöster an den Felsen, die eng mit dem Leben der Menschen verknüpft sind. In Kaza, dem wichtigsten Marktplatz im Tal, springen wir von der Ladefläche. Ein schmaler Bach teilt den Ort in alt und neu.

Hier ist die tibetische Kultur überall präsent. Gebetsfahnen hängen über den Dächern der mit Kalk geweißten Häuser. Im Sol Café trinken wir heißen Tee und essen handgemachte Schokoladenkugeln. In den Gassen liegen Straßenhunde. Ihr Fell ist dicht und struppig vor Sand und Staub. Sie sehen aus wie wuscheligen Bären und wenn wir sie streicheln, wirbeln kleine Schmutzwolken aus ihrem Haar.

Nicht weit von Kaza entfernt thront die Ki Gompa märchenhaft auf einem Hügel. Ein steiler Schotterweg führt hinauf auf knapp 4.200 Meter zum größten buddhistischen Kloster im Tal. Es gab mal eine Zeit, da lebten hier etwa einhundert Mönche dauerhaft. Mittlerweile greift ein anderes System. Heute bietet das Kloster Platz für über zweihundert Mönche, doch in den Frühjahrs- und Sommermonaten ziehen die meisten zurück in ihre Dörfer, helfen ihren Familien bei der Landwirtschaft und kehren erst im Winter, wenn die Felder nicht beackert werden können, zurück. In diesen Tagen sind es handgezählte dreißig Personen, die in dunkelroten Mönchsroben durch die verschiedenen Stockwerke der Anlage schreiten.

Ki Gompa, Spiti Tal, Himachal Pradesh
die Ki Gompa sitzt auf einem abgelegenen Hügel im Spiti Tal
Ki Gompa, Spiti, Indien
Ki Gompa, Spiti Tal, Himachal Pradesh

Die buddhistischen Mönche im Himalaja haben einen besonderen Stil. Mit lustigen Augen betrachten sie ihre Umgebung, wirken stets etwas verschmitzt, so als säße ihnen der Schalk im Nacken. In ihrer Rolle als Religionsvertreter erleben wir die Mönche in den Bergen als angenehme Gesellen. Das war vermutlich nicht immer so. In vergangenen Jahrhunderten wurde die Ki Gompa mehrfach Ziel räuberischer Angriffe und die Legenden erzählen, dass auch die Mönche mit Waffengewalt gegen die Eindringlinge vorgingen. Außerdem wüteten Feuer und Erdbeben im Kloster, sodass es immer wieder zu baulichen Veränderungen kam, die den gesamten Komplex in ein ungeordnetes, verschachteltes Gebäudesystem verwandelten.

Über verschlungene Wege und Treppen gelangen wir auf eines der Dächer. Schneebedeckte Gipfel ragen hinter dem Kloster empor. Es ist eine exponierte Lage. Wind pfeift um die Ecken, zerrt an den Gebetsfahnen, die vom starken UV-Licht der Höhensonne bereits ausgeblichen sind. Überhaupt Licht. Das ist hier so eine Sache. Es ist grell! Der blanke Himmel, die rauen Felsen, der glitzernde Schnee; sie alle reflektieren die Macht der Sonnenstrahlen, tauchen das Spiti Tal in blendende Helligkeit.

Packliste

Packliste

Unsere Ausrüstung muss einiges aushalten. Seit über 7,5 Jahren sind wir dauerhaft unterwegs und strapazieren unser Hab und Gut im täglichen Einsatz. Einiges hat bei uns nur kurze Zeit überlebt, doch anderes bewährt sich mittlerweile seit Jahren und wir sind von der Qualität überzeugt. Unsere Empfehlungen könnt ihr hier nachlesen.

Hier oben fühlen wir uns fremd. Nicht auf die einschüchternde Art, sondern in einer Weise, die uns das Unbekannte erwartungsvoll vor Augen führt. Wie mag es sein, in dieser Region zu leben, weit abgeschieden von dem, was uns normal und selbstverständlich erscheint? Menschen, Metropolen, Vielfalt ersetzt durch Ödnis, Leere, Monotonie. Erdige Töne prägen das Tal. Die Vegetation ist spärlich und angepasst an einen Lebensraum, in dem Wasser ein knappes Gut ist. Dazu die donnernde Stille in den Bergen und der innere Lärm der eigenen Gedanken.

Vom Dach geht es hinab durch ein Labyrinth dunkler Gängen und Holztreppen. Wir bleiben über Nacht, haben unser Gepäck in einer spartanischen Besucherzelle verstaut. Mönchsleben als Demoversion, wenn man so möchte.

Nach dem Ganzen Auf und Ab durch das Kloster stehen wir irgendwann in der Küche. Es ist der spannendste Bereich der Anlage. Natürlich. Kaum ein Raum verrät so viel über die Menschen, die ihn bewirtschaften, wie die Küche. Die Wände sind rußgeschwärzt. Zwei Funzeln und einem Fenster gelingt es nicht, den Raum aus dem Halbdunkel herauszuholen. Es scheint, als ob der Ruß das Licht absorbieren würde. Rustikale Regale stehen an den Wänden, beherbergen große Töpfe und Plastikgefäße voller Gewürze und Tee. Ein altes, zerschlissenes Wachstuch ist auf einen Arbeitstisch genagelt. Es riecht nach erloschenem Feuer. Der Herd ist eine grob gemauerte Feuerstelle. Unten ist Platz für das Brennholz, obendrauf stehen gewaltige Töpfe, in denen Reis, Linsen, Suppen und Buttertee gekocht werden. Angekokeltes Holz und Aschekanister liegen auf dem Boden.

Küche, Ki Gompa, Spiti Tal, Himachal Pradesh
die urige Küche in der Ki Gompa
Ki Gompa, Spiti Tal, Himachal Pradesh
Paar im Spiti Tal, Indien

Leben im buddhistischen Kloster

Draußen auf einer der Dachterrassen speisen Kinder aus dem Tal. Das Essen wird von Älteren gereicht, die, bereits in dunkelrote Roben gekleidet, als Teil der Klostergemeinschaft erkennbar sind. Es ist ein üblicher Brauch im Buddhismus Jungen für ein paar Monate ins Kloster zu schicken. Hier sollen sie an die Traditionen und Lehren herangeführt werden, aber wohl auch Disziplin und Gehorsam erlernen.

Wer sich für ein Leben als Mönch entscheidet, muss eine lange Leiter hinauf. Anwärter leben und lernen etwa zwanzig Jahre als Studenten im Kloster. Die spirituellen und religiösen Ideen des Buddhismus gehören zum Lehrplan, aber auch Naturwissenschaften und überhaupt fachübergreifend sämtliches Wissen, das vermittelt werden kann. Auch jede Menge Debattierstunden sind Teil der Ausbildung, in denen die Anwärter gegenseitig ihren Witz schulen. Es klingt nach einem humanistischen Ideal. Hier wird der Bildung Zeit gelassen.

Lobsang, ein kleiner, rundlicher Mönch, führt uns durch die Anlage, zeigt uns alte Thangkas, buddhistische Rollbilder, Manuskripte, traditionelle Musikinstrumente. Er erzählt vom Rad des Lebens und den Möglichkeiten der Wiedergeburt. Im Buddhismus gibt es kein Konzept einer wandernden Seele. Trotzdem ist das Karma, die Ansammlung guter Taten, elementar für die Wiedergeburt. Mit meiner rationalen Logik stoße ich an Grenzen. Wie in vorherigen Leben angehäuftes Karma meine jetzige Existenz bestimmt, ohne dass es durch die Seele eine kausale Zuordnung gibt, ist mir ein Rätsel.

Der Buddhismus bleibt trotzdem spannend. Offenbar ist es nämlich möglich, als Halbgott oder Gott wiedergeboren zu werden. Das ist zwar nicht erstrebenswert, weil die Mächtigen keine Chancen aufs Nirwana haben, aber trotzdem verlockend. Kosmische Kräfte, kosmische Möglichkeiten. Ein bisschen Superman im religiös-spirituellen Gewand.

Die Gebetshalle ist das Zentrum der Ki Gompa. Gestiftet vom Dalai Lama XIV ist sie das neueste Puzzleteil im Kloster. Wände, Pfeiler, Fahnen, Girlanden, Vorhänge und Bilder leuchten im Inneren in kräftig-erdigen Farben. Verglichen mit der kargen Landschaft, in der sich das Kloster befindet, ist es ein überschwänglich bunter Ort.

In den frühen Morgen- und Abendstunden murmeln Mönche hier gemeinsam Mantras. Ab und an sitzen kleine Lerngruppen in der Gebetshalle, die von einem Lehrer in die Kunst der Mantrameditation eingeführt werden. Wir sind stille Beobachter einer von Riten und Routinen geprägten Welt, der wir aufmerksam gegenüberstehen.

Gebetshalle, Ki Gompa, Spiti Tal, Himachal Pradesh
Gebetshalle, Ki Gompa, Spiti Tal, Himachal Pradesh
Dalai Lama XIV stiftete die Gebetshalle
Mönch und Anwärter, Ki Gompa, Spiti

Dhankar und der See

Am nächsten Morgen kehren wir nach Kaza zurück und setzen unseren Weg durch das Spiti Tal fort. Uns gelingt eine Strecke von etwa fünfunddreißig Kilometern. Die Straße ist schmal und kurvenreich, der Verkehr ausgesprochen dünn. Geduld ist eine Tugend, die wir uns in den Bergen erarbeiten. Schließlich erreichen wir Dhankar. Eine Schotterpiste führt kilometerweit hinauf an den Rand des Spiti Tals.

Dhankar ist ein bildhübsches Dorf und zugleich rau und entbehrungsreich. Am steilen Hang verteilen sich Häuser in einem weiten Radius. Loses Geröll ruht auf dem schroffen Fels. Die karge Umgebung wirkt alles andere als einladend. Dafür bilden die bewässerten Terrassenfelder einen unwirklich grünen Tupfer im wüstengleichen Gelände.

Eine Gompa balanciert wie ein Vogelnest weit oben am Fels. Hineingesetzt ins Gestein ist das Kloster ein sicheres Refugium in rauer Natur. Fantastische Ausblicke führen hinab zum Fluss, der hier mit dem Pin zusammenfließt. Trampelpfade schlängeln sich hinter dem Dorf weiter den Berg hinauf. Ziegen und Schafe erklimmen die Böschungen. Einst waren sie in großen Herden überall im Spiti Tal präsent. Fleisch war ein wichtiges Nahrungsmittel, denn in den harschen klimatischen Bedingungen wuchs auf den Äckern kaum mehr als etwas Getreide. Mittlerweile unterstützen Bewässerungssysteme die Feldwirtschaft. Bequem ist das aber noch lange nicht.

Dhankar, Spiti, Indien
Dhankar am Rand des Spiti Tals
Ziegen und Schafe in Dhankar, Spiti

Die Pfade führen hinauf auf 4.140 Meter, wo sich das Wasser des Dhankarsees sanft an sein seichtes Ufer schmiegt. Der Hochgebirgssee ist still. Nicht mal ein leises Säuseln dringt aus ihm heraus. Hier und da wächst Gras am steinigen Ufer. Ziegen zupfen an struppigen Büscheln. Ein niedriger Stupa ragt empor. Wir spiegeln uns im letzten Licht des Tages im See, bevor die Sonne hinter die Rücken der umliegenden Berge sinkt. Im Schatten wird es schlagartig kalt.

Die Nacht verbringen wir im Zelt auf einer Schotterfläche in Dhankar. Es ist eisig, trotz mehrerer Kleiderschichten. Am nächsten Morgen laufen wir hinab zurück ins Tal. An der Hauptstraße sitzen wir im Schatten eines Baumes. Die Sonne brennt erbarmungslos. Wir sind in Shichling. Auf dem rostenden Ortseingangsschild sind 87 Einwohner verortet. Eine ziemlich akkurate Zahl.

Hinter einer geöffneten Tür verbirgt sich ein Krämerladen. Wir nehmen in Zeitungspapier gewickelte Bidis aus einem geflochtenen Korb und fragen den Mann hinterm Tresen nach den 87 Einwohnern. Er bejaht. 87 Personen, zumindest ungefähr. Im Schatten des Baumes rauchen wir. Die Bidis, Indiens populäre Arbeiterzigaretten sind kurze, würzig aromatische Stummel. Ohne Filter. Einhundert Prozent ungesund. Kratzig und mit einem eigenartigen Geschmack, der auf den Lippen zurückbleibt.

Wir haben ausgiebig Zeit, um den Bidis näher zu kommen. Erst am Nachmittag rollt ein Pick-up über die Piste, der uns nach Tabo in den Osten des Spiti Tals bringt. Von Shichling sind es nur 23 Kilometer. Wir benötigen eine Stunde.

Dhankar Gompa, Spiti, Indien
das Kloster in Dhankar sitzt auf einem Felsen über dem Spiti Tal
Dhankar Gompa und Felder, Spiti, Indien
Blick vom Kloster auf die Felder Dhankars
Zusammenfluss Spiti-Pin, Indien
Dhankar See, Spiti
auf mehr als 4.000 Meter Höhe schmiegt sich der Dhankarsee an steiniges Ufer

Tabo und die Wandgemälde

Tabo ist nicht viel mehr als eine Ansammlung weniger Häuser. Im Zentrum befindet sich ein Kloster, dessen ältestes erhaltenes Gebäude im Jahr 996 errichtet wurde. Es stammt aus der Zeit, in der der Buddhismus über den Himalaja verbreitet wird. Was die Handwerker und Künstler damals schufen, steht noch heute unbeschadet im trockenen Hochgebirgsklima. Die unscheinbaren Gebäude aus Lehm und Holz erheben sich hinter dicken Mauern um einen kleinen Hof am Ufer des Spitis.

Die fensterlose Versammlungshalle zieren die wertvollsten buddhistischen Kunstschätze des Tals. Es sind Wandgemälde, die zu den wenigen weltweit erhaltenen Verbindungsstücken zwischen der traditionellen indischen Tempelmalerei und der opulenten tantrischen Kunst Tibets gehören. Es dauert einen Moment, bis sich unsere Augen an das Dunkel gewöhnen. Dann sehen wir die Buddhas und Bodhisattwas, die erleuchteten Wesen im Mahayana-Buddhismus, die in kräftig erdigen Farben an den Wänden prangen. Der heutige Dalai Lama, so heißt es, habe das Kloster in Tabo als Altersruhesitz ausgewählt. Als Oberhaupt des tibetischen Buddhismus wahrlich nicht der schlechteste Ort in Indien, um auf die mehr als eintausend Jahre alte buddhistische Tradition im Himalaja zurückzublicken.

Tabo Gompa, Spiti, Himachal Pradesh
die Tabo Gompa war das erste buddhistische Kloster im Spiti Tal
Tabo Gompa, Spiti, Indien
Geschäft in Tabo, Spiti

Spiti und die Gegenwart

In Tabo sind wir nah dran an Tibet. Die Grenze zu China ist in den Bergen umstritten und die Passstraße ins benachbarte Kinnaur Tal war bis ins Jahr 1992 für auswärtige Reisende geschlossen. Spiti und vor allem Tabo am Ende einer politischen Sackgasse, waren isoliert. Es gab kein stabiles Stromnetz, keine Wasserleitungen und keine befestigten Straßen. Doch der Wandel ist angekommen. In einem kleinen Geschäft am Straßenrand werden Kohlköpfe und Kartoffeln verkauft, aber auch Chipstüten, eingeschweißte Kekse und Wasserflaschen. Reis und Linsen sind wichtige Nahrungsmittel, die erst mit der Öffnung der Bergstraße in ausreichender Menge ins Spiti Tal gelangen.

Über die Bergpässe brausen immer mehr Menschen. Motorradtouren in abgelegene Ecken des Himalajas sind besonders bei indischen Großstädtern beliebt. Sie lassen sich von der schroffen Landschaft und den eisigen Temperaturen faszinieren und bringen etwas Geld in die wirtschaftlich unterentwickelte Region. Mittlerweile lebt jeder Zweite im Spiti Tal vom Tourismus. Nicht alle sind froh darüber.

Bereits in der Ki Gompa sprach Lobsang mit uns über die eintretenden Entwicklungen. „Spiti ist ein sehr spiritueller Ort“, berichtete er. Zwar schätzte er Besucher, die mit Interesse am Buddhismus, an den Traditionen und an der Natur kämen, aber er fürchte auch, dass zu viele Touristen dem Spiti Tal schaden. Noch ist es ruhig und friedlich, doch damit könnte es irgendwann vorbei sein.

Gebetsfahnen über dem Spiti Tal

Wir verlassen das Spiti Tal durch das einstige Sperrgebiet im Osten. Der bröckelnde Asphalt bricht immer wieder ab, wird zur Piste, auf der Schotter und Geröll von den Reifen unserer Mitfahrgelegenheit durch die Gegend geschleudert werden. Im Pkw unterhalten wir uns mit Rish. Der junge Ingenieur inspiziert die Straßenverhältnisse und koordiniert die Räumarbeiten, wenn Schnee und Erdrutsche die Fahrbahn blockieren.

Die umliegenden Gipfel ragen bis auf siebentausend Meter hinauf. Auch wir steigen höher entlang der kurvigen Straßenführung, erreichen einen Kontrollposten, an dem wir uns ausweisen müssen und rollen hinab ins Kinnaur Tal. Noch sind es einige Kilometer karges Land, aber dann tauchen wir in einen dunklen Wald. Nur ein paar Gipfel trennen Kinnaur vom Spiti Tal, aber sie genügen, um eine andere Welt zu gestalten. Der Niederschlag, der es nicht nach Spiti schafft, regnet hier ab und beschert Kinnaur bewaldete Hänge und fruchtbare Felder. Plötzlich sind auch viel mehr Menschen da und im kleinen Dorf Kalpa, eintausend Meter niedriger gelegen als Spiti, erfreuen wir uns an unvorhergesehenem Grün unter wolkenverhangenen Bergen. Es sind die letzten Stunden vor unserer abenteuerlichen Reise nach Shimla, aber davon ahnen wir noch nichts.

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Per Anhalter im Spiti Tal

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