Inside Iran

9 weitere Kuriositäten über den Iran, die du noch nicht wusstest


7. März 2016
Iran
6 Kommentare

1. Schäferstündchen am Straßenrand

Außerehelicher sowie vorehelicher Sex sind im Iran per Gesetz verboten und mit hohen Strafen belegt. Möchte man als Paar im Iran ein Hotelzimmer beziehen, muss man nachweisen, dass man verheiratet ist. Dazu muss an der Rezeption eine amtliche Bescheinigung der Ehe vorgelegt werden. Dies gilt auch für Touristen. Iraner können stattdessen auch ihre Pässe vorzeigen. Im Pass des Mannes wird nach der Ehe der Name seiner Frau eingetragen. Auch im Pass der Frau ist nach der Hochzeit der Name ihres Mannes einzusehen (vor der Ehe wird übrigens dort der Name des Vaters notiert).

Kann man nicht beweisen, dass man verheiratet ist, gibt es kein gemeinsames Hotelzimmer.

In den eigenen vier Wänden Sex mit dem Freund oder der Freundin zu haben ist für viele unmöglich, da die meisten jungen Iraner bis zu ihrer Hochzeit bei ihren Familien wohnen. Durch die strikten Regelungen bei der Buchung von Hotelzimmern verkompliziert sich die ohnehin schwierige Lage noch weiter. Dies führt aber natürlich nicht zu einem regelkonformen Verhalten der jungen Menschen. Stattdessen wird improvisiert.

Um der Misere zu entkommen, ziehen sich viele Iraner zwangsläufig in den kleinsten, privaten Raum zurück: das Auto.

Ist man zum Beispiel im Iran per Anhalter unterwegs, findet man an den Stadtausgängen vergleichsweise viele benutzte Kondome am Straßenrand, welche von den geheimen, nächtlichen Schäferstündchen zeugen.

Minarette im Iran
Sabalanvulkan, Iran

2. Flucht in den Wartebereich

Hat man als Frau versehentlich eine klitzekleine Straftat begangen (etwa das verbotene Fotografieren innerhalb einer U-Bahn-Station in Irans Hauptstadt Teheran) und wird von einem männlichen Sicherheitsbeamten verfolgt, empfiehlt es sich, in den Wartebereich für Frauen zu fliehen.

Der Wartebereich ist lediglich durch ein gelbes Schild an der grauen Betonwand mit der zweisprachigen Aufschrift „WOMEN ONLY“ gekennzeichnet. Jedwede haptische Begrenzung fehlt und dennoch wird der männliche Sicherheitsbeamte zögern, diese imaginäre Linie zu überschreiten. Falls nicht, kann man ihn gerne noch einmal darauf aufmerksam machen, dass seine Anwesenheit auf dieser Seite nicht erwünscht ist.

Auf das Zögern, folgt ein langes mentales Abwägen der Situation, in der sich die Verzweiflung und Unschlüssigkeit im Gesicht des Sicherheitsbeamten abzeichnet.

Schließlich wird der uniformierte Mann, nur wenige Schritte von seinem Ziel entfernt, den Rückzug antreten, um eine weibliche Mitarbeiterin zu informieren.

Das kann allerdings dauern. Währenddessen kann man seelenruhig in die nächste U-Bahn steigen, die im Minutentakt abfährt, und sich so aus der Situation schleichen.

Kuppelarchitektur, Iran
Frau der Bandari am Persischen Golf

3. Neue Geschmackserlebnisse

Klingt komisch, ist aber so. Rund um die Stadt Isfahan, aber mittlerweile auch in vielen anderen Regionen des Irans, verblüffen die Speisekarten vieler Straßencafés mit folgender Kombination: frisch gepresster Karottensaft mit Safran- oder Vanilleeis.

Dabei werden üblicherweise zwei Kugeln Eis in ein großes Glas Karottensaft gegeben. Vor dem Trinken noch einmal ordentlich umrühren und genießen. Mmmhhhh. Lecker!

Karottensaft mit Vanilleeis

4. Mit ausgestrecktem Zeigefinger

Wird man als Ausländer in größeren Städten von Kindern angebettelt, kommt umgehend ein Erwachsener dazu und ermahnt die Kinder, Gäste nicht anzubetteln. Das gehöre sich nicht und sei sehr unhöflich. Mit großen Augen gehorchen die Kinder aufs Wort, lächeln noch mal schüchtern und ziehen schnell weiter.

Von Erwachsenen wird man aus eben diesem Grund in der Regel nicht angebettelt und auch die mobilen Verkäufer in öffentlichen Verkehrsmitteln kommen nur auf Nachfrage auf Ausländer zu.

Verkäufer in Zahedan
Hafezgrab in Schiras
Brücke Si-o-Se in Isfahan

5. Gib mir Saures

Iraner lieben ihr Essen salzig und sauer – ganz im Gegensatz zum Nachbarland Pakistan, wo einem die scharf gewürzten Speisen Tränen in die Augen treiben. Überhaupt liegt zwischen dem Iran und Pakistan eine gewaltige kulinarische Grenze. Weiter im Osten folgt das scharfe Essen Indiens und Südostasiens. Das schärfste Essen der Welt gibt es angeblich auf Sri Lanka.

Im Iran ist von scharfem Essen jedoch keine Spur. Iraner lieben es sauer und salzig. Sereshk Polo ist nur eines der typischen Gerichte. Hier verleihen Berberitzen dem Reis eine saure Note. Und zum Kebab wird in manchen Teilen des Landes eine leckere süß-saure Granatapfel-Walnuss-Soße, Fesenjoon genannt, gereicht.

Bei allem anderen schwören die Iraner jedoch nur auf eines: Salz.

Nichts, was nicht mit Salz verbessert werden kann. Sogar jede Art von Obst und Gemüse wird vor dem Verzehr mit Salz bestreut. Besonders saure Früchte werden liebend gerne mit einer Menge Salz verfeinert. Und das nicht zu Unrecht. Einfach das nächste Mal ausprobieren: grüne Äpfel, Zitronen, Orangen, Grapefruit und natürlich die so beliebten noch nicht ganz reifen Früchte aller Art.

Gemüse auf dem Markt
Lammrippchen mit Safranreis

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zum Buch

geknüpftes Teppichbild

6. Soldatenmahlzeit

Kurz hinter der Wüsten-Stadt Zahedan, im tiefen Osten des Irans und nahe der pakistanischen Grenze, ist das Reisen per Anhalter aus Sicherheitsgründen nicht mehr erlaubt. Tramper werden hier von Soldaten und Polizisten eskortiert. Jedes Mal wenn man dabei bestimmte Zuständigkeitsgebiete verlässt, wird auch das Personal sowie das Fahrzeug gewechselt.

Bei einer so entstandenen längeren Wartezeit im Vorraum einer Militärstation (ein Sandsturm fegt gerade über uns hinweg, woraufhin wir von einer Handvoll Wehrdienstleistender schüchtern hinein gebeten werden), wird es plötzlich ganz still, als ein Offizier hereintritt. Nach kurzem Blick in die Runde pfeift er die jungen Rekruten in scharfem Ton an, warum den Gästen noch kein Tee und Frühstück angeboten worden ist.

In Windeseile huschen die Jungs davon, um kurze Zeit später mit heißem Tee, einer Menge Zuckerwürfel, Spiegeleiern und Brot wiederzukehren.

Frühstück in der Kantine

7. Ihr wollt was?!

Das Konzept des Trampens ist im Iran völlig unbekannt. Umständliche Erklärungsversuche, dass man in einem Auto mitgenommen werden möchte, ohne zu bezahlen, enden meistens in ungläubigem Kopfschütteln. „Mage mishe?“ wird dann immer wieder entsetzt gemurmelt. „Mage mishe?“ – „Ist das denn die Möglichkeit?“. In ihrem Entsetzen, das gerade offensichtlich alle Weltbilder gleichzeitig zusammenbrechen lässt, wollen einige Iraner sogar am liebsten die Polizei rufen.

Kinderleicht ist das Trampen hingegen, wenn man behauptet, dass man grundsätzlich zu Fuß unterwegs ist und lediglich in ein Fahrzeug steigt, wenn der Fahrer Hilfe anbietet. Hilfe ist das Zauberwort, das die Augen der meisten Iraner leuchten lässt. Gästen Hilfe anbieten? – Iraner kennen keine bessere Freizeitbeschäftigung. Und schon sitzt man auf der Rückbank, klebrige Süßigkeiten in der einen, schwarzen Tee in der anderen Hand, und genießt die iranische Gastfreundlichkeit.

Pavillon im Fingarten, Kashan
Kuppel einer Moschee
Bootsmänner am Persischen Golf

8. Schwarze Katzen in der Nacht

Im Iran ist das Tragen des Hidschabs, also Kleidung gemäß der Vorschriften im Islam, für alle Frauen Pflicht. Dies gilt auch für ausländische Besucherinnen. Obwohl bei Touristen sehr gerne mal ein Auge zugedrückt wird, muss ein Großteil der Haare mit einem Kopftuch bedeckt werden und auch die nackte Haut an Armen und Beinen darf nicht zu sehen sein. Außerdem muss ein langes Oberteil getragen werden, welches bis unter den Po reicht.

Eine Burka, ein Ganzkörperschleier, der mit einem zusätzlichen Gitter vor den Augen das ganze Gesicht bedeckt, gehört übrigens nur in Afghanistan und Teilen Pakistans und Indiens zur traditionellen Kleidung für Frauen.

Der Tschador, das typische Kleidungstück konservativer iranischer Frauen, ist im Gegensatz zum Hidschab für niemanden im Iran verpflichtend, sondern muss nur beim Betreten besonders heiliger Orte, wie etwa einem Schrein, getragen werden. Der iranische Tschador besteht in der Regel nur aus einem langen, schwarzen Stück Stoff, welches zusätzlich zur Kleidung über Kopf und Körper geschlungen wird. Im Gegensatz zum wesentlich strengeren schwarzen Gewand, das auf der arabischen Halbinsel getragen wird und zudem zusätzlich ein Niqab, ein Gesichtsschleier, gehört, hat der iranische Tschador jedoch keine Ärmel.

Das bedeutet, dass die Frau permanent mit ihrer linken Hand den Tschador unter ihrem Kinn festhalten muss. Dies kommt im wahrsten Sinn des Wortes einer körperlichen Behinderung gleich und schränkt die iranischen Frauen im Alltag sehr ein. Besonders kritisiert wird das Kleidungsstück, da es nachts häufig zu Autounfällen kommt. Die in schwarz gehüllten Frauen sind in der Dunkelheit nur sehr schwer auszumachen.

persische Kuppelarchitektur
Teppichbilder auf dem Markt von Täbris

9. Bube, Dame, König, Gras

In Zahedan, im Osten des Irans, wimmelt es im Zentrum der Stadt von ambulanten Spielkartenverkäufern. Kleine Jungen drängeln durch die Menschenmassen auf dem Basar und bieten überall Kartendecks an. Im Iran ist Glücksspiel verboten und selbst Spielkarten für einen unschuldigen Spieleabend sind nicht einfach zu bekommen. Doch in Zahedan dienen die Spielkarten nur als Synonym. Niemand ist hier ernsthaft an einer Partie Mau-Mau interessiert.

Ganz nah an der Grenze zu Pakistan und Afghanistan ist vor allem Schmuggel ein fluorierendes Geschäft. Die Spielkartenverkäufer deuten mit ihrer Ware etwas viel verruchteres an. Wenn sie von Karten sprechen, meinen sie eigentlich Alkohol und Drogen und vermutlich noch das eine oder andere mehr.

Nasir-ol-Molk-Moschee
Marktstand im Iran

Inside Iran in zwei Teilen

Teil 1: 17 Kuriositäten über den Iran, die du noch nicht wusstest

Teil 2: 9 Kuriositäten über den Iran, die du noch nicht wusstest

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  • সজল ঘোষ
    7. März 2016

    Can’t read German 🙁 .. Is there any English version?


    • Morten & Rochssare
      7. März 2016

      Our blog posts are in German only. You may use google translate for an English version.


  • Oli
    17. Mai 2016

    Hattet ihr tatsächlich als Paar Problem mit den Hotels?

    Ich war damals zwei Wochen mit meiner japanischen Ex-Freundin unterweg und wir wurden nur zwei Mal gefragt, ob wir verheiratet sind. Das erste Mal reichte ein einfaches „Ja“ und das zweite Mal konnten wir mit ihren (gefälschten) Studentenausweis beweisen, dass wir zumindest aus der gleichen Stadt kamen. Das war dann auch in Ordnung.

    Wir hatten aber mehrmals das Problem mit krassen Ausländerpreisen. Ein Zimmer, das für Iraner 5 Dollar kostet, wurde uns für 50 angeboten, was natürlich deutlich über den Budget lag.


    • Morten & Rochssare
      17. Mai 2016

      Wir waren die meiste Zeit bei Couchsurfern und nur zwei Mal im Hotel. Beide Male wurde wir gefragt, ob wir verheiratet seien und auch bei uns reichte eine verbale Bestätigung dessen. Aber es scheint so, als ob es für Iraner wesentlich schwieriger ist.

      Wir haben ein älteres iranisches Ehepaar getroffen, beide um die 70 Jahre, die kein gemeinsames Hotelzimmer beziehen durften, weil durch irgendeine bürokratische Unachtsamkeit der Name des einen nicht im Pass des anderen stand. Und die haben 10 Kinder zusammen 🙂


  • 4. Mai 2019

    Cooler Artikel, danke für die Zusammenfassung. Aber es scheint mir so als hätten sich einige Dinge geändert seitdem dieser geschrieben wurde und/oder eventuell nicht ganz richt wiedergegeben worden sind. Ich will nicht meckern, da ich weiss wie aufwändig es ist einen Blog zu führen der nur halb so fein ist wie der eure aber, ich möchte auch einfach vor missverständlichkeiten bewahren. Deswegen meine 2cents.

    1.in drei Wochen Iran ist mir nicht einmal „taroof“ begegnet, ja man ist uberhöflich und es gibt gewisse Spielregeln an die man sich gewöhnen muss und man sich als Deutscher schnell wie ein Halbwilder vorkommt (Sitzplatz Angebot, betreten eines Raumes, kritisieren, Komplimente zurück geben etc.) aber bei Geld hört die Freundschaft auf 😀
    2. Luftqualitat und Autos
    Das Iranische Öldestillat ist eines der hochwertigsten überhaupt, die schlechte Luft hängt mit alten Fahrzeugen und den viele Motorradern und Autos ohne Abgasnachbehandlung zusammen. Die iranischen Saipas zB sind so billig (für unsere Verhältnisse) da kann man einfach keinen Kat einbauen, schon garkeinen dreistufig geregelten wie er in EU Mindeststandard ist. Die ganzen 125er haben überhaupt keine Abgasreinugung.
    Weiß sind Autos weil a.) das die günstigste Farbvariante ist und b.) es die Sonne im Sommer am besten reflektiert. Aber es gubt durchaus auch viele anderes farbige Fahrzeuge. Aber ja, weiss dominiert.
    3. Hotel und Heirat
    Wir sind nicht ein einziges Mal nach unserem Beziehungsstatus gefragt worden. Einchecken, Zahlen, gut. Egal wo.
    4. Fotografieren
    Fotos in der U-Bahn oder öffentlichen Einrichtungen sind kein Problem gewesen. Militär und Atomanlagen sollte man nicht ablichten… Aber hey, machen wir in EU ja auch nicht.

    Aber eins ist noch immer so – die iranier sind ein wundervoll gastfreundschaftliches Volk mit einer großartigen Willkommenskultur.
    Wir werden definitiv wieder kommen. Soetwas habe ich noch nicht erlebt, egal wo.
    „go, and tell the world we are no bloodsucking vampires“ hat uns einer in einem Heiligen Schrein in Schiras gesagt nachdem er uns drei Stunden herumgefuhrt hat und die heilligsten, für Touristen nicht zugänglichen Orte gezeigt hatte… Und er hat recht.

    Dennoch ~von den von euch erwähnten dealern Alkohol /Gras/Opium würde ich strengsten Abstand halten. Hier hört die Gastfreundlichkeit auf, und auch das gute Gast sein, wer da erwischt wird – dem geschieht es nur recht.

    Gute Reise euch weiterhin
    Hotze