Salkantay Trek, Peru, Titel
Hochgebirgswandern auf den Spuren der Inkas

Salkantay Trek nach Machu Picchu


19. August 2021
Peru
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Wandern im Hochgebirge ist ein besonderes Erlebnis. Auch, weil die Pfade und Serpentinen, die Gipfel und Täler voller Legenden stecken. Hier in den Anden rund um Cusco (Link) lag das Kernland der Inkas. Hier marschierten Krieger und Händler über Bergpässe, hier entstanden Städte und religiöse Stätten, die so gut versteckt waren, dass selbst die spanischen Invasoren sie nicht plündern konnten. Machu Picchu ist die berühmteste dieser Inkaruinen. Irgendwo in den Anden auf einem Bergrücken gelegen, lockt sie jährlich bis zu zwei Millionen Besucher. Viele von ihnen wandern vorab durch die Berge. Die wohl atemberaubendste Route führt entlang des Nevado Salkantay, der mit 6.264 Metern zu den höchsten Gipfeln der Anden gehört. Vier Tage folgen wir dieser Strecke durch das Hochgebirge bis zur verlorenen Stadt der Inkas, Machu Picchu.

Dabei gehört der Salkantay Trek nicht nur zu den eindrücklichsten Wanderungen in Peru, sondern auch zu den schönsten der Welt. Gewählt von National Geographic, das ja eine gewisse Autorität für Abenteuer in der Natur ausstrahlt, liegt Ästhetik dennoch im Auge des Betrachters. Ganz ehrlich: So ein Ranking eignet sich eigentlich nur fürs Marketing. Nichtsdestotrotz zählt der Salkantay Trek auch für uns zu den herausragenden Wanderungen.

Salkantay Trek

Dauer: 4 Tage • Distanz: 83 Km • Gehzeit: 30 Stunden • höchster Punkt: Salkantay Pass auf 4629 Metern ü. NN • 3420 Höhenmeter bergauf • 4370 Höhenmeter  bergab •  von National Geographic zu den besten 25 Treks der Welt gekürt

Ziel am 5. Tag: die sagenumwobene Inka Stadt Machu Picchu – eines der neuen sieben Weltwunder

Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek

Tag 1: Mollepata (2900 m) – Soraypampa (3900 m) / Distanz 22 Km / Gehzeit: 8 Stunden

Der Tag beginnt noch vor dem Tag. Morgens gegen 3.30 Uhr klingelt der Wecker und bereits eine halbe Stunde später sitzen wir im Bus und fahren ins 90 Kilometer von Cusco entfernte Dorf Mollepata. Hier starten wir unsere Wanderung auf dem Salkantay Trek gemeinsam mit vier Taiwanesen, zwei Chilenen und einem Mexikaner. Nach dem Frühstück in Mollepata fängt es gerade rechtzeitig zur Aufbruchsstimmung wie verrückt an zu regnen. Das hat zwei Vorteile: Die ältere Dame in einem Kiosk verkauft mit einem Schlag neun völlig überteuerte, quietschbunte Plastik-Regenponchos. Und weil wir nun zusammen ziemlich dümmlich aussehen, stärkt das gleich zu Beginn unser Gemeinschaftsgefühl.

Gegen 8.30 Uhr ist es kalt, grau und feucht: Wir laufen los. Der starke Regen wechselt sich kontinuierlichem mit Nieselregen ab. Unser weg führt über Stunden beständig bergauf und ich verfluche mein Thermoshirt. Mit der körperlichen Anstrengung wird es unter der Kleidung warm und feucht. Zur Mittagszeit schüttet es aus Eimern. Unter unseren Ponchos, die keinesfalls atmungsaktiv sind, versuchen wir unser Essen vor übermäßiger Verwässerung zu schützen.

Der starke Regen schlägt aufs Gemüt, doch wir begegnen dem unaufhörlichen Niederschlag mit stoischem Ausharren und laufen als bunte Kleckse verkleidet immer weiter. Wie Lamas trotzen wir mit unberührten Gesichtern dem Wetter und werden kurze Zeit später mit einem leuchtenden Regenbogen über einer rauen Landschaft belohnt. Dahinter in der Ferne zeigen sich bereits die schneebehangenen Gletschergipfel der Anden.

Nach ein paar kürzeren steilen Passagen erreichen wir gegen 17.30 Uhr den Zeltplatz in Soraypampa, der uns mit einem imposanten Ausblick auf einen Nachbarberg des Salkantays willkommen heißt. Wir sind nicht allein. Gleich mehrere Gruppen ruhen hier nach ihrem ersten Abschnitt der Wanderung. Der morgige Tag wird lang und anstrengend, die Nacht im Zelt dagegen kurz und auf knapp 4000 Metern sehr kalt.

Wanderer, Salkantay Trek
Salkantay Trek, Peru
Salkantay Trek, Peru
Salkantay Trek, Peru
Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek

Tag 2: Soraypampa (3900 m) – Chaullay (2800 m) / Distanz: 22 Km / Gehzeit: 10 Stunden

Mit einer Tasse heißem Koka-Tee werden wir morgens 5.30 Uhr auf den vierstündigen Aufstieg hinauf zum Salkantay-Pass auf 4629 Metern eingestimmt. Doch schon jetzt fordert die Höhe bei einigen Mitstreitern unerwarteten Tribut. Kopfschmerzen und Übelkeit grüßen unsere Gruppe noch vor dem Sonnenaufgang.

Eine Stunde später beginnen wir den Aufstieg. Die Luft ist dünn, der Druck auf Kopf und Augen groß, das Atmen fällt schwer. Für einige unerträglich schwer. Ein stämmiger texanischer US-Soldat kriecht bereits zu Beginn beinahe auf allen vieren, bis er sich dazu durchringen kann, von einem Maultier auf den Pass befördert zu werden. Nach etwa einer Stunde lösen sich die Gruppen auf. Das eigene Tempo bestimmt ab jetzt die Schritte; denn die körperlichen Fähigkeiten sind in der Höhe drastisch reduziert.

Wir gehen am Ende unserer Gruppe. Langsam, aber kontinuierlich steigen wir Meter um Meter. Nach jeder noch so kurzen Pause fallen die darauffolgenden Schritte schwerer. Der Schmerz in den Beinen wird größer, die Sauerstoffsättigung geringer. Um der Qual entgegenzuwirken, laufen wir einfach weiter und weiter; verzichten gänzlich auf Pausen. Die sich eng windenden Serpentinen führen uns im endlosen Zickzack immer weiter den Berg hinauf. Wir überholen in kleinen Schritten all diejenigen, denen Höhe und Steigung immer mehr zu schaffen machen. Zunächst lassen wir unsere eigene Gruppe zurück, dann eine zweite Gruppe, eine dritte, eine vierte, letztendlich eine fünfte. Einige Mittvierziger sind im Wettbewerbsmodus. Als wir ihnen näher kommen, schauen sie immer wieder zu uns zurück, machen sich auf dem Pfad breit, wollen offenbar auf keinen Fall überholt werden und müssen uns am Ende doch passieren lassen.

Doch sie geben nicht auf. Unsere Fotopausen nutzen sie, um sich erneut an die Spitze zu setzen. Dass sie uns dabei jedes Mal ins Bild laufen, ist ihnen entweder egal oder sie sind derart im Tunnel, dass sie von ihrer Umwelt gar nichts mitbekommen. Beides ist hier in der fantastischen Bergwelt der Anden unangebracht. Aber irgendwann ist der Abstand zwischen ihnen und uns einfach zu groß.

Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek
Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek
Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek

Bald zeigt sich der von der Sonne angestrahlte Salkantay. Das blendende Weiß der Gletscher lässt uns für einen Eigenblick ruhen. Wir schauen auf das grandiose Gewand des gewaltigen Berges. Der schmale Pfad wird zum fließenden Bach, denn die immer stärker werdende Sonneneinstrahlung lässt den Schnee hier oben schmelzen. Unter unseren Füßen fließt das Wasser hinab und verwandelt den bisher trockenen Weg in ein matschiges Rinnsal.

Je höher wir hinauf steigen, desto grellen leuchtet unsere schneebedeckte, vereiste Umgebung. Wir sind allein, doch die letzten Meter hinauf zum Pass werden zur Qual. Endlich ankommen ist der Gedanke, der uns antreibt. Die letzten Höhenmeter, der letzte kleine Anstieg ist geschafft. Von Wolken verhangen erhebt sich der fast 6300 Meter hohe Berg direkt vor unseren Augen.

Mit uns auf dem Pass machen einige Maultiere und Treiber eine Rast, bevor sie auf der anderen Seite wieder hinab steigen. Wir warten dagegen, bis wir wieder mit unserer Gruppe vereint sind. Statt in angekündigten vier Stunden haben wir den Pass in zwei Stunden und 45 Minuten erklommen. Unsere aufgeheizten Körper kühlen aus und schon nach wenigen Minuten spüren wir die bittere Kälte des Hochgebirges. Der Anblick des Salkantays lenkt uns ab. In Sekundenschnelle wechselt das Wetter. Mal komplett von Wolken verhangen, mal hinter leichtem Nebel schimmernd, mal hell erleuchtet von der Sonne: Der Salkantay fesselt unsere Aufmerksamkeit.

Als wir endlich absteigen, liegen noch drei Stunden Fußweg bis zum Mittagessen vor uns. Auf einem von Regen und Schmelzwasser aufgeweichten, rutschigen und steilen Pfad kommen wir nur langsam voran. Kraft und Konzentration lassen nach und so stolpern wir immer wieder vor uns hin. Der Weg ins Tal scheint kein Ende nehmen zu wollen. Dann entdecken wir in der Ferne eine kleine Siedlung. 40 Minuten, so schätzt unser Guide, dauert es, bis wir sie erreichen. Es ist eine Nachricht, die uns schwer trifft, denn diese 40 Minuten werden unerträglich lang. Auch der Gedanke, dass nach der Mittagspause ein weiterer dreistündiger, steiler, matschiger Abstieg auf uns wartet, trägt nicht zu einer besseren Stimmung bei. Doch wir überstehen den Tag und erreichen gegen 17 Uhr erschöpft das Dorf Chaullay.

Salkantay in den Wolken, Salkantay Trek, Peru
Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek
Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek
Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek

Tag 3: Chaullay (2800 m) – Playa (2100 m) / Distanz: 13,5 Km / Gehzeit: 5 Stunden

Der dritte Tag beginnt wieder einmal früh. Fünf Uhr morgens kriechen wir aus unserem Zelt. Die Nacht war deutlich wärmer und wir spüren schon wieder Kraft in unseren Körpern. Vor uns liegt ein fünfstündiges Auf und Ab durch die nun herrschende Hitze. Der gestrige Abstieg bleibt nicht folgenlos. Von den Gletschern und schneebedeckten Gipfeln sehen wir kaum noch etwas. Stattdessen sind wir weit unterhalb der Baumgrenze. Dichter feuchter Wald umgibt uns, Moskitos schwirren umher, die Pfade sind trocken und mit losem Geröll bedeckt. In Playa angekommen, fahren wir mit einem Bus auf einer unspektakulären Schotterpiste etwa 20 Kilometer bis nach Santa Teresa, wo wir uns in den dortigen Thermalquellen erholen. Lagerfeuer und Bier am Zeltplatz zeigen ihre gewohnte Wirkung und so kriechen wir unverschämt spät kurz vor Mitternacht in unsere Schlafsäcke.

Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek

Tag 4: Santa Teresa (1900 m) – Aguas Calientes (2000 m) / Distanz: 25,5 Km / Gehzeit: 7 Stunden

Wohoo. Ausschlafen. Der Wecker klingelt erst 6.30 Uhr. Die Leichtigkeit des heutigen Abschnittes, der uns schlicht geradeaus führt, wird dadurch zu Nichte gemacht, dass wir unser komplettes Gepäck selbst tragen müssen. Die Maultiere, die uns auf dem Weg durchs Gebirge unterstützt haben, genießen einen freien Tag. Die Sonne brennt bereits am Vormittag. Wir laufen an Wasserfällen vorbei bis zum Bahnhof Hidroelectrica. Hier beginnt eine überteuerte Zugfahrt, die täglich Touristen nach Aguas Calientes und an den Fuß von Machu Picchu befördert.

Auf der Strecke schauen wir uns um. Hoch oben in den Bergen erkennen wir winzige Ruinen – Machu Picchu. Hier erhebt sich die berühmte Silhouette Huayna Picchus. Es ist der Berg, der der Legende nach dem Schwanz einer Eidechse ähneln soll und die alte Inka Stadt schützend umringt. Mitten im Dschungel haben wir plötzlich das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein. So viele Bilder haben wir bereits von Machu Picchu und der wilden Umgebung gesehen. Es ist ein entscheidender Moment, denn bisher waren wir skeptisch, ob Machu Picchu wirklich einen Besuch wert sei. Das nicht enden wollende Gerede und die unzähligen aggressiven Straßenwerber in Cusco, die ununterbrochen „Machu Picchu, Machu Picchu, Machu Picchu“ durch die Stadt rufen, hatten uns die Vorfreude gründlich verdorben. Nun, beim Anblick der versteckten Ruinen hoch über uns und den von Nebelschwaden umwaberten, tiefgrün bewachsenen Bergen, steigt sie wieder.

Morgen wird es endlich so weit sein. Morgen stehen auch wir mitten in Machu Picchu. Aber bis dahin liegen noch 16 Kilometer entlang der Schienen vor uns. Zwar drückt die mittlerweile tropische Hitze im Schatten der Bäume etwas weniger, doch wiegt unser Gepäck immer schwerer auf den Schultern. Vier weitere Stunden wandern wir durch den Wald, bis wir endlich Aguas Calientes, den wohl touristischsten Ort Perus erreichen. In den wenigen Straßen reihen sich Cafés und Restaurants aneinander, die horrende Preise für ein mäßiges Angebot ausrufen. Hier scheint alles zehn Mal teurer zu sein als im übrigen Land. Wir nehmen es zur Kenntnis, sind aber nicht weiter interessiert, denn nach vier verschwitzten Tagen wollen wir nur noch eines: Duschen!

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Hochgebirgswandern in Peru, Salkantay Trek
Schienen nach Aguas Calientes, Salkantay Trek
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