1. Luftverschmutzung
Im Ranking der Städte mit der weltweit stärksten Luftverschmutzung belegt Indien die vordersten vier Plätze. Unter den Top 20 des Rankings hat Indien ganze 13 Plätze inne. China, gemeinhin als Umweltsünder bekannt, hat dagegen in den letzten Jahren erfolgreiche Maßnahmen ergriffen. Peking, früher „Klassenbester“, landet mittlerweile nur noch auf Platz 76. Die erste chinesische Platzierung in der Kartei der Luftverschmutzer ist Lanzhou auf Platz 36.
In Indien trifft es die Hauptstadt Neu-Delhi besonders schlimm. Hier werden teilweise Feinstaubwerte von über 1000 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Der Richtwert der Weltgesundheitsorganisation liegt bei 25.
Zum Vergleich: In Deutschlands schmutzigster Stadt Stuttgart lag der absolute Höchstwert der Feinstaubbelastung bei 191 Mikrogramm. Gemessen wurde er am 1. Februar 2006.
Die Gründe für Neu-Delhis schlechte Luft sind vielseitig: Die Bauern in den Neu-Delhi umgebenden Bundesstaaten Punjab und Haryana brennen illegaler Weise ihre Stoppelfelder ab, die Abgase von Millionen von Autos wabern durch die Luft und in den Slums werden Feuer gezündet um Müll zu verbrennen, Wärme zu erzeugen oder um zu kochen. Außerdem filtern in ganz Indien nur 10% der zahlreichen Kohlekraftwerke ihre Rauchschwaden.
Studien zeigen, dass ein Tag in Neu-Delhi in etwa den gleichen Effekt auf die Gesundheit ausübt, wie das Rauchen von 42 Zigaretten.
Sogar der indische Index für Luftverschmutzung wurde an die katastrophalen Werte angepasst. Gelten 150 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft laut europäischen Richtlinien als „sehr schlecht“, reicht es laut indischem Index noch für ein gutes „moderat“.
Dennoch: Indiens Hauptstädter bleiben unbekümmert. Sieht man in weniger verschmutzen Städten wie in Katmandu den Großteil der Menschen mit einer Atemmaske auf der Straße, ist dies in Neu-Delhi eher die Ausnahme. Kaum jemand schützt sich vor dem giftigen Smog.
2. Leichte Mädchen
Indiens konservative Gesellschaft ist durchzogen von engmaschigen Regeln und Bräuchen. Es gibt bestimmte Vorstellungen, wer sich wie zu verhalten hat. Das gilt besonders für Frauen. Im weit verbreiteten (wenn auch nicht überall verbindlichen) indischen Gesellschaftsbild machen zahlreiche Dinge Frauen augenblicklich zu „leichten Mädchen“. Kleinigkeiten sorgen zum Verlust des Ansehens.
Verpönt sind das Tragen kurzer Kleidung, die Schultern und Knie nicht bedeckt, enge Kleidung, welche die Form von Brust und Po erahnen lässt, roter Lippenstift, Rauchen, Alkohol trinken „wie ein Mann“, ein männlicher Freundeskreis, eine eigene Meinung haben, viel und angeregt mit Männern sprechen oder den ersten Schritt machen. Prinzipiell gehört alles dazu, was das klassische Bild der Frau als das „gute, schüchterne Mädchen“ nicht erfüllt.
So ist es zum Beispiel auf traditionellen indischen Hochzeiten erwünscht, dass die Braut die ganze Zeremonie über schüchtern auf den Boden blickt und ihre Gäste nicht anschaut. Tut sie es doch (weil sie zum Beispiel gar nicht schüchtern ist), wird sie augenblicklich von ihrer Mutter oder einem anderen Familienmitglied ermahnt.
3. Klassenunterschiede
In Indischen Zügen gibt es fünf verschiedene Klassen. Und auch in der Gesellschaft ist das Einordnen in Klassen üblich. Zwar ist das Kastensystem in Indien offiziell abgeschafft, dennoch ist der Gedanke von höheren und niedrigeren Menschen noch weit verbreitet. Dabei wird nach oben gebuckelt und nach unten getreten. Es ist zum Beispiel in Restaurants oder Hotels völlig normal, seinen Müll auf den Boden zu schmeißen. Man bezahle ja schließlich dafür, dass sich der Kellner bzw. der Hotelangestellte bückt, um den Müll aufzusammeln.
Einfache Arbeitskräfte sind in Indien so billig, dass es völlig normal ist, Bedienstete anzustellen. Skrupellose Demütigungen gehören dabei nicht selten zum Alltag des Dienstpersonals. Es ist völlig normal das Hausmädchen aus dem Nebenzimmer mit einer Glocke herbeizurufen, um den Fernseher einzuschalten, obwohl dieser in Reichweite des Arbeitgebers steht und er nicht einmal aufstehen müsste.
Doch körperliche Arbeit wird von der reichen Oberschicht so gut es geht vermieden. Gleichzeitig sind Menschen aus den „unteren“ Klassen völlig eingeschüchtert von reichen Menschen und Autoritäten und erdulden lautlos jede Demütigung oder Ungerechtigkeit. Für sie ist es Karma. Sie glauben in einem früheren Leben Fehler gemacht zu haben, für die sie nun büßen müssen.
Die Menschen der Ober- und Unterschicht stehen jedoch auch in einer Abhängigkeit zueinander. Genauso wie die Menschen der „unteren“ Klassen von dem Geld der oberen Mittelschicht und Oberschicht abhängig sind, können auch diese Menschen ohne ihre Bediensteten nicht leben.
Die Abhängigkeit geht so weit, dass wir im Land zahlreiche Menschen trafen, die in den Westen auswanderten, nach kurzer Zeit jedoch nach Indien zurückkehrten. Der Lohn für die Hausangestellten im Ausland sei einfach zu hoch und alleine hätte man den Haushalt nicht stemmen können.
4. The Survival of the Fittest
So sehr das Bild des romantischen Bollywoods in unseren Köpfen herumgeistert. Indien ist ein gnadenlos überbevölkertes Land und der Alltag gleicht einem Kampf ums Überleben.
Es wird geschubst und gedrängelt, mit Ellenbogen der Weg freigeräumt, man fährt mit Rollkoffern über die Füße anderer, ohne zurückzublicken. Da werden Menschen in großen Städten mit voller Wucht gegen Wände geschubst und empfinden es als solche Lappalie, dass sie nicht mal von ihren Handys hochgucken.
An Kassen, vor Geschäften, Eingängen oder beim öffentlichen Transport bilden sich in Indien keine Schlangen, sondern nur eine homogene, schubsende, aufgeregte, drängelnde Masse. Wie so oft in Indien gilt hier der darwinsche Grundsatz: „The Survival of the Fittest.“ Der Stärkere gewinnt. Es gibt kein Pardon.
Zeitdruck ist ein weiterer enormer Faktor. Man muss immer als erstes irgendwo rein, oder wieder raus. Sei es im Kino, im Straßenverkehr oder im Restaurant. Selbst wenn gar kein Grund zur Eile besteht – etwa weil nur drei Personen in einen großen Fahrstuhl einsteigen wollen, der für 20 Passagiere Platz bietet – wird noch vorgedrängelt.
Das Gefühl des Getriebenseins ist ein Dauerzustand. Den letzten Bissen des Restaurantbesuchs noch kauend im Mund, wäscht man sich schon die Hände und eilt zur Kasse, um bloß schnell den Menschenmassen oder dem Verkehr bzw. dem Stau vorauszueilen. Die Phänomene verstärken sich proportional zur Einwohnerzahl einer Stadt und finden ihren Höhepunkt in Metropolen wie Neu-Delhi, Mumbai oder Chennai.
5. Indien und nichts als Indien
Die Bildung in Indien, gerade auch in den teuren Privatschulen und Universitäten des Landes, ist sehr indienzentriert. Man begegnet oft sehr gut gebildeten Indern, die denken, Islamabad sei eine Stadt im Irak oder Katmandu ein Ort in Indien. Die Jahrtausende alte Geschichte Indiens, die Ahnengeschichte indischer Könige und Schlachten sowie indische Kultur und Errungenschaften, kann einem hingegen beinahe jeder ausschweifend und detailreich erzählen.
6. Nebenverdienst Drogendealer
Vor allem in touristisch beliebten Regionen wie Goa, Rajasthan oder Kerala verkaufen fast alle Rikscha-Fahrer Drogen. Dieser Nebenjob ist bei Indern und Reisenden gleichermaßen bekannt. Die Situation wiederholt sich stätig, gleich einem Déjà-vu. Zunächst bieten Rikscha-Fahrer ihre Dienste als Fahrer an, nur um direkt im Anschluss, im Flüsterton, Drogen jeglicher Art anzubieten. „PSSSSTTTT: Marihuana, Hashish, LSD?? Cheap Price! Good Quality! I have everything.“, raunt man uns immer wieder zu.
7. Schutzmechanismus für die Tradition
Rolltreppen in Indien haben einen extra Schutzmechanismus der verhindern soll, dass sich die flatternden Enden der traditionellen Saris indischer Frauen zwischen den Stufen verfangen.
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In Indien trinkt man normalerweise Alkohol auf nüchternen Magen. Dazu werden lediglich kleinere Snacks gereicht. Die eigentliche Mahlzeit wird erst danach eingenommen. Dafür nennen die Inder in der Regel zwei Gründe. Zum einen wirkt der Alkohol so schneller. Die „Kosten-Nutzen“-Rechnung ist besonders effektiv. Außerdem verringere das Trinken vor dem Essen die Wahrscheinlichkeit, sich zu übergeben, da man ja nichts im Magen hat.
9. Selbstmord in der Metro
Im Wartebereich der Metro in Kalkutta laufen auf den kleinen Bildschirmen, die die Wartezeit verkürzen sollen, Werbespots, die Frauen davon abhalten sollen, sich vor eine einfahrende U-Bahn zu werfen. Die Spots richten sich vor allem an all diejenigen Frauen, die wegen unglücklicher, weil arrangierter Ehen mit dem Gedanken spielen, sich das Leben zu nehmen.
Die neuen Anforderungen in der Familie des Mannes (vor allem seitens der Schweigereltern) und der gesellschaftliche und familiäre Druck eine glückliche Familie aufzubauen sind für manche Frauen kaum zu ertragen.
Literaturtipps zu Indien
Zwischen Himalaja und Indischem Ozean entstehen atemberaubende Geschichten. Wenn ihr Lust habt mehr über den spannenden Subkontinent zu erfahren, bekommt ihr hier 11 Literaturtipps von uns, mit denen ihr vom heimischen Sofa in die faszinierende, ungeschminkte Welt Indiens eintauchen könnt. Und ja, Rochssare hat sie alle selbst gelesen.10. Für Immer und Ewig
Indien hat eine der niedrigsten Scheidungsraten der Welt. Von 1000 Ehen werden nur 13 geschieden. Im Vergleich dazu wird in Deutschland jede zweite Ehe wieder aufgelöst. Die niedrige Scheidungsrate in Indien spricht aber nicht für den Erfolg der meist arrangierten Hochzeiten, sondern ist eher mit gesellschaftlichem und familiärem Druck sowie der Abhängigkeit der Ehepartner untereinander zu erklären.
Für eine geschiedene Frau ist es zudem fast unmöglich, einen neuen Ehepartner zu finden. Auch heißt es im Volksglauben, dass die Frau die Schuld an einer geschiedenen Ehe trägt. Sie habe ihre Aufgabe, den Ehemann glücklich zu machen, nicht erfüllt. Jedoch steigt die Scheidungsrate mit der Bildung einer immer größer werden Mittel- und Oberschicht in Indien zunehmend. Noch vor zehn Jahren wurde nur eine von 1000 Ehen in Indien geschieden.
11. Individualität unerwünscht
Individualität wird in Indien kaum angestrebt. Entweder möchte man selbst nicht aus der Masse hervortreten, oder die Eltern wollen nicht (und sorgen dafür), dass die Kinder durch ihr Aussehen und Verhalten auffallen. Inder, aus derselben sozialen Schicht, haben in der Regel denselben Haarschnitt, dieselbe Kleidung und sogar denselben Lebenslauf.
Wenn Inder Bart tragen, dann ist es meist ein kurz gestutzter Oberlippenbart. Lange Haare bei Männern, Dread Locks, Tätowierungen (abgesehen von hindu-religiösen Symbolen) oder sonstige Art von Subkultur sieht man nur in den allerwenigstens Fällen. Junge Menschen, die aufgrund von Frisur, Kleidung oder Bartwuchs aus der Masse herausstechen, werden in der Regel von ihren Eltern dazu aufgefordert, sich wieder „normal zu verhalten“. Die Nachbarn würden schon tuscheln.
Ganz anders verhält es sich im Nordosten Indiens. Kulturell näher an Südostasien und Nepal, existieren hier ausgeprägte Subkulturen. Lange Haare, wilder Bartwuchs, Tattoos sind nichts Ungewöhnliches. Rocker, Hipster, Hip-Hopper – die ganze Bandbreite ist vorhanden.
12. #MeToo
In großen Menschenmengen, zum Beispiel während der allgegenwärtigen Festivals in Indien, tragen Frauen in der Regel eine große Handtasche mit sich, um sie sich im Gedränge schützend vor den Schritt halten zu können, da Männer die Anonymität in der Menschenmenge gerne dazu nutzen, Frauen zwischen die Beine zu greifen.
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Aus dem hohen Norden Deutschlands hinaus in die Welt: 2011 zieht es Morten und Rochssare für zwei Jahre per Anhalter und mit Couchsurfing auf den südamerikanischen Kontinent. Genauso geht es nun weiter. Jetzt jedoch in die andere Richtung. Seit 2014 trampen die beiden auf dem Landweg von Deutschland nach Indien und weiter nach Südostasien. Es gibt noch viel zu entdecken.
Von ihren Abenteuern und Begegnungen erzählen sie in ihren Büchern „Per Anhalter durch Südamerika“ und „Per Anhalter nach Indien“, jeweils erschienen in der National Geographic Reihe bei Malik.